Carolina Müller-Möhl — 30. Mai 2005 — Casino Bern
Bildung geht uns alle an
Die Bildung wie auch die Bildungspolitik werden oft isoliert betrachtet. Dabei geht es weder um ein rein privates Gut noch um einen Bereich der Politik, der nur für den Wirtschaftsplatz Schweiz von Bedeutung wäre. In der hochgradig arbeitsteiligen Wissensgesellschaft geht Bildung uns alle an. Und es ist von öffentlichem Interesse, möglichst breiten Schichten der Gesellschaft Zugang zu Bildung und Ausbildung zu verschaffen.
Bildung beginnt so früh wie möglich – zusammen mit Lehrpersonen
Eine zentrale Rolle spielt dabei die Grundausbildung an der Volksschule. Sie erbringt wichtige Leistungen nicht nur für den Wirtschaftsstandort Schweiz, sondern auch für die gesellschaftliche Integration. Um die alterwürdige Institution den Ansprüchen der modernen globalisierten Welt anzupassen, sind verschiedene Verbesserungen möglich. Bei allen Reformen sind die Lehrpersonen von entscheidender Bedeutung. Reformen finden nur mit ihnen statt, oder sie finden gar nicht statt. Wenn wir die Sorgen der Lehrerinnen und Lehrer ernst nehmen, können wir umgekehrt auch erwarten, dass sie einen persönlichen Beitrag an ihre Aus- und Weiterbildung leisten, wie das heute mehr denn je nötig ist.
Von den Hochschulen fordern wir das Beste
Auf der Hochschulstufe ist es der Schweiz gelungen, innert kürzester Zeit die Bologna-Reform in die Wege zu leiten. Darauf dürfen wir stolz sein. Wenn wir unsere weiteren ehrgeizigen Ziele erreichen wollen, das heisst, wenn wir in den entscheidenden Gebieten der Forschung auch in Zukunft weltweit an der Spitze mit dabei sein wollen, dann benötigen die Hochschulen neben Mut und Tatkraft auch den Investitionswillen der Wirtschaft – und beides darf nicht an Missgunst innerhalb des Landes und an den zu eng gezogenen Grenzen des Föderalismus scheitern.
Frauenförderung ist eine Frage des Willens
Das Potenzial der gut ausgebildeten Frauen wird in der Schweiz noch immer viel zu wenig ausgeschöpft. Diesbezüglich ist es Zeit, umzudenken. Unternehmen müssen damit beginnen, Infrastrukturen zu errichten für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und sie müssen vor allem anderen den Willen haben, damit Erfahrungen zu sammeln. Die Schweiz mit ihrem hoch gelobten Milizsystem in Politik und Armee hat ein Wissen darum, dass Höchstleistungen auch möglich sind, wenn man oder frau neben dem Hauptberuf noch andere Aufgaben wahrnimmt!
Investieren statt sparen in der Bildung
Die Bildung muss auch in der Schweiz der Ausgabenposten mit höchster Priorität bleiben. Allerdings müssen wir auch unermüdlich fordern, dass mit den 23 Mia. Fr. an öffentlichen Bildungsausgaben auch effizient gewirtschaftet wird und dass das Beste daraus herausgeholt wird. Ein periodisches Überprüfen der Strukturen, Geldflüsse und Wirkungen ist das richtige Mittel dazu.
Bern, 30. Mai 2006
Rede von Carolina Müller-Möhl, Präsidentin Müller-Möhl Group, Zürich
Bern, 30. Mai 2006