Sieben Jahre für Äthiopien engagiert

Während sieben Jahren nahm Kurt Zibung Einsitz in den Stiftungsrat von Swisshand und war in dieser Zeit verantwortlich für Äthiopien. Der langjährige Regierungsrat im Kanton Schwyz ergänzte das Team von Swisshand wirkungsvoll.

Nach seinem Rücktritt im letzten Frühling schildert Kurt seine Eindrücke und Erlebnisse während dieser Zeit.

 

Wie bist Du zu Swisshand gekommen?

Mein Götti war Carlo Galmarini, der vormalige Stiftungsratspräsident, der mich bei einem Gespräch gefragt hat, was ich nach meinem Rücktritt als Regierungsrat mache. Wir kannten uns aus der gemeinsamen Zeit im Hochschulrat der Hochschule für Technik in Rapperswil. Carlo suchte einen Nachfolger aus der Politik für Peter Schönenberger, den ehemaligen Finanzchef von St. Gallen. Ich habe sofort ja gesagt und es nie bereut.

 

Welchen Beitrag kann ein ehemaliges Mitglied einer politischen Behörde einbringen?

Das ist eine Frage, war ich doch nie international tätig. Dafür verfügte ich über ein gutes Beziehungsnetz und war geübt, in einem Gremium mitzuarbeiten. Dank meinen Kenntnissen gelang es auch, aus den Lotteriemitteln der Kantone Spenden für Swisshand zu generieren.

Zudem konnte ich einen Beitrag bei politischen oder kommunikativen Fragen einbringen. In meine Verantwortung fiel der Anlass zum 50jährigen Jubiläum von Swisshand.

 

Warum aber Dein Interesse ausgerechnet für Äthiopien?

Seit meiner Mittelschulzeit war Äthiopien, das damals noch Abessinien hiess, ein Land das mir, neben anderen, imponierte. Warum, ist schwierig zu sagen.  Unser Geografielehrer hat das afrikanische Hochland mit dem besten Kaffee richtig spannend gelehrt.

Vielleicht war es aber auch eine heimliche Sympathie für den Negus Negesti oder für Kaiser Haile Selassie, der ja 1954 mit grossem Bahnhof in der Schweiz zu Gast war.

 

Du hattest keine internationale Erfahrung, die für Swisshand sehr wichtig ist. Wie funktionierte es trotzdem?

Geholfen und die Hauptverantwortung übernommen hat mein Studienfreund Helmuth Elkuch. Er war über Jahre hinweg im internationalen Management tätig und ergänzte meine fehlende Erfahrung. Wir funktionierten zusammen ausgezeichnet. Vor allem beim Reporting hat er mit seinem Informatikwissen rasch eine praktikable Lösung programmiert, die heute noch für alle laufenden Programme reibungslos läuft.

 

Äthiopien im Wandel

Wie viele Male seid Ihr nach Äthiopien gereist und was ist Euch in dieser Zeit vor allem aufgefallen?

Um unsere Kontrollfunktion wahrnehmen zu können, sind wir drei Mal vor Ort gewesen. Jedes Mal mit Besuchen bei den Kundinnen auf dem Land sowie bei den lokalen Programmverantwortlichen. Sina begleitete uns immer als Koordinatorin für das ganze Land. Äthiopien ist sehr gross und die langen Autofahrten auf den Strassen mehr als abenteuerlich.

Was ist uns aufgefallen? Kurz gesagt: drei wesentliche Veränderungen. Bei jedem Besuch bemerkten wir, dass immer mehr neue Moscheen gebaut wurden. Der muslimische Bevölkerungsteil wächst in diesem christlich orthodoxen Land rasant. Dies vor allem als Folge des enormen Migrationsdrucks aus den Nachbarländern.

Auffällig ist auch der wachsende Einfluss Chinas. Sichtbar vor allem beim Strassenbau, bei der Eisenbahnlinie von Addis Abeba nach Dschibuti oder den Einkaufsläden, die sich rasch ausbreiten und eine Gefahr für die lokalen Kleinkrämer und unsere Frauen darstellen.

 

Kannst Du uns eine lustige Begebenheit erzählen?

Gerne eine Geschichte, die sich anlässlich der ersten Reise ergab.

Angekommen in Addis wollten wir die Visa lösen. Es ging für alle gut und für Afrika speditiv – ausser für Helmuth. Er verschwand in einem Büro und wir warteten eine, zwei, drei Stunden … bis uns dann ein Lufthansa-Vertreter sagte: «Er fliegt gerade wieder nach Hause».

Wir fragten staunend, warum. Die behördliche Antwort «Liechtenstein is not on our list». Heisst, Liechtenstein gibt es für Äthiopien nicht … und Helmuth ist Liechtensteiner. Was nun, fragten wir uns. Später telefonierte Helmuth und sagte, dass er jetzt nach Hause fliege und in der Botschaft in Genf ein Visum besorge.

Gesagt, getan. Drei Tage später begrüssten wir ihn mit einem Plakat «Welcome Duke of Liechtenstein» auf dem Flughafen in Bahir Dar am Tana See.

Sein Kommentar: «Wenigstens habe ich nun sechs Mal Poulet auf den Flügen genossen».

 

Ziegen auf dem Sparkonto

Was hat denn am meisten Eindruck gemacht?

Sicher als erstes, wie unsere Hilfe mit Minikrediten im Kleinen wirklich hilft. Wir haben Dutzende von Frauen als Kundinnen besucht. Alle empfingen uns mit offenen Türen. Wir fühlten uns als willkommene Gäste – und das bei den Ärmsten der Armen! Die meisten hatten, ausser ihrer Blechhütte und Kleinigkeiten, gar nichts. Ihr Sparbuch bestand höchsten aus ein oder zwei Ziegen.

 

Was würdest Du Swisshand wünschen und welchen Rat gibst Du für Äthiopien?

Mein grösster Wunsch: Weitermachen und trotz aller Schwierigkeiten in den afrikanischen Ländern als Organisation tätig bleiben. Swisshand ist für die Armutsbekämpfung äusserst wertvoll und effektiv.

Armut ist in Afrika allgegenwärtig. Die grosse Hoffnung zur Besserung der Situation sind die Frauen und für sie lohnt sich auch ein schwieriger Einsatz. Es gibt doch keine schönere Antwort als diejenige, die ich von einer 40jährigen Frau hörte, die sagte: «Dank ihren Kleinstkrediten muss ich nicht mehr auf dem Boden schlafen». Wir träumen von anderen Annehmlichkeiten.

 

VCU kann wesentliche Unterstützung leisten

Damit Swisshand weiterhin erfolgreich bleiben kann, braucht es die VCU als Partnerorganisation. Die Unternehmerinnen und Unternehmer in der VCU stärken mit ihren Beiträgen und Spenden den ideellen wie finanziellen Rahmen. Die freiwilligen Helferinnen und Helfer garantieren den wirkungsvollen Einsatz der Mittel.

Für Äthiopien ist die Situation aktuell eher schwierig. Der Krieg, die Hungersnot, die lokalen Konflikte und die grossen Migrations- und Flüchtlingsströme bilden eine schwere Last für das instabile Land mit einer Inflation von 40%. Für unsere Tätigkeit setze ich aber grosse Hoffnung in unsere neue Koordinatorin Dr. Helema Bekele als Ärztin mit ihrer Organisation Biruhminds, wo sich alles junge, gut ausgebildete Persönlichkeiten mit viel Elan für ihr Land einsetzen.