Interaktiv arbeiten trotz Corona-Beschränkungen

Praktische Tipps von der Fachfrau

Und plötzlich war alles anders. Videokonferenzen und digitale Meetings wurden zum neuen Mass aller Dinge. Und das auch in Unternehmen und Organisationen, in denen dies vorher kein Thema, ja undenkbar, gewesen war. Aber nicht alles wurde besser: Hatte man vorher über unzählige, unproduktive Präsenzmeetings gestöhnt, stöhnt man nun über die stundenlangen Online-Meetings. Die meisten klag(t)en, wie ermüdend diese Meetings sind und hängen irgendwann ab.

Eine bewusste Gestaltung von Meetings (off- und online) ist einer der Schlüssel, mehr Effizienz und ­Effektivität in die Arbeitswelt zu bringen. Schon vor COVID-19 gab es Möglichkeiten, das Potential der Mitarbeitenden besser zu nutzen. Dazu gehören, dass mittlere und grosse Gruppen gemeinsam wichtige Inhalte erarbeiten, mögliche nächste Schritte eruieren, gemeinsam Prioritäten setzen und das weitere Vorgehen skizzieren. Eine Vielfalt von Grossgruppenmethoden (wie Open Space Technology oder World Café) unterstützen solche Prozesse.

Bewusst gestaltete Meetings — on- oder offline

Genau solche Grossgruppenveranstaltungen durchzuführen, war von einem Tag auf den anderen tabu. Dabei geht es doch gerade darum, «die Köpfe zusammen zu stecken» und neue Ideen zu generieren. Abstandsregeln (mindestens 1 Meter 50) und Einschränkungen bei der Anzahl Menschen im selben Raum (plus Teamsplitting in vielen Betrieben) machten und machen dies unmöglich.

Es ist deshalb naheliegend, Grossgruppenmethoden in Online-Formate zu transferieren und bewährte interaktive Grossgruppen-Formate mit Online-Konferenz­-Software zu «verheiraten». Sie bieten die Chance, auch in diesen Zeiten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter «in einen Raum» bringen und zu einem lebendigen Dialog einzuladen.

Wir haben inzwischen sehr viel Erfahrung mit Online-World Cafés und Online-Open-Space-Konferenzen gesammelt. Es funktioniert! Dabei geht es nicht darum, alles 1:1 in ein Online-Format umzusetzen. Unverändert wichtig ist jedoch, bei den Teilnehmenden eine hohe Präsenzqualität und eine vertrauensvolle, offene Atmosphäre zu generieren. Auf diese Weise kann die Essenz der Methoden, sozusagen ihr Geist, in ein Online-Format transferieren werden.

Wie werden sich die Dinge weiterentwickeln?

Lange hielt sich die Hoffnung, «im Herbst» werde alles wieder normal sein. Wir wissen mittlerweile, dass dies nicht der Fall ist. Und niemand weiss, wie lange es noch dauern wird, bis wir uns wieder gefahrlos nahekommen können. Gerade in solchen Zeiten ist es jedoch besonders wichtig, miteinander «in Beziehung» zu bleiben, die eigenen Gedanken und Gefühle mit den anderen zu teilen und gemeinsam einen Weg zu finden, wie man weitergehen kann. Also einen lebendigen, vertrauensvollen Austausch zu pflegen.

Ich habe zudem von vielen Kunden und Kollegen aus dem Management erfahren, dass sie nie mehr so viel reisen wollen wie vorher. Es ging und geht jetzt ja auch ohne, oder zumindest mit weniger. Wir gehen deshalb davon aus, dass Videokonferenzen selbstverständlich bleiben. Andererseits ist es ein zutiefst menschliches Bedürfnis, andere Menschen auch «in natura» zu treffen und kennenzulernen. Es wird also sicher wieder Präsenzveranstaltungen mit vielen Menschen geben, sobald dies möglich ist. Ober eben hybride Grossgruppen-Veranstaltungen. Wer in der Nähe lebt oder arbeitet, ist vor Ort in einem Raum dabei, alle anderen schalten sich über Video zu.

Es lohnt sich also auf jeden Fall, sich jetzt mit diesem Thema auseinander zu setzen, wie sich in Zukunft World Cafés oder Open-Space-Konferenzen auf eine gute Art und Weise online durchführen lassen. Die vergangenen Monate waren für die meisten selbständigen Organisationstrainerinnen und –trainer keine einfache Zeit. Aber wir haben sie gut genutzt, uns stärker mit der virtuellen und digitalen Welt vertraut zu machen und geben dieses Wissen gerne in Seminaren an interne und externe Organisationsentwicklerlnnen und andere Interessierte weiter. Auf Wunsch unterstützen wir natürlich auch Unternehmen direkt bei der Durchführung.

Autoren:

Myriam Mathys, Vorstandsmitglied RG Zürich