Wer nicht handelt, der wird behandelt
Politik ist die Kunst des Möglichen. Aber nur dann, wenn Menschen auch partizipieren, ihren Willen ausdrücken, sich engagieren und vor allem auch handeln wollen, kann Politik bürgernah ermöglichen und ermächtigen. Regierungsrat Dr. Markus Dieth erläuterte an einer öffentlichen Veranstaltung der VCU Aargau/Solothurn die Faktoren, welche von Bürgerohnmacht zu Bürgermacht führen.
«Für mich ist das Leben Politik»
Dr. Markus Dieth ist seit 17 Jahren aktiv in der kommunalen und kantonalen Politik und seit 2017 Vorsteher des Departements Finanzen und Ressourcen. Politische Beteiligung und die Vermeidung der politischen Ohnmacht ist ein persönliches und wichtiges Anliegen von Dieth: «Für mich ist das Leben Politik, ich bin ein politischer Mensch, denn dieses politische Engagement bereitet enorm Freude. Zu spüren, dass man nicht ohnmächtig ist, dass man mitgestalten kann, an der Zukunft mitbauen und sich vor allem für die Bürgerin und den Bürger, aber auch für das Schweizervolk insgesamt einsetzen kann – das macht die politische Arbeit sehr wertvoll und erfüllend.»
Durch Engagement das Ohnmachtsgefühl vermeiden
Es gibt wohl kein politisches Gefüge auf der Welt, dass sich für die politische Beteiligung besser eignet als das Schweizer Modell. Kein anderes System erlaubt es seinen Bürgerinnen und Bürgern, dem Ohnmachtsgefühl so zu entkommen.
Unser Staat basiert auf den drei wichtigsten Grundprinzipien, die uns von anderen Staaten unterscheiden: Direkte Demokratie, Föderalismus, Milizprinzip. Die direkte Demokratie schafft einen Anreiz, sich politisch zu bilden, sie stärkt den aktiven Bürger und eröffnet eine breite Diskussion über politische Themen. «Föderalismus erlaubt die Respektierung der Minderheit, ohne die Mehrheit zu ignorieren. Das ist ein Zeichen politischer Macht auf allen Ebenen», so Dieth. Doch dieses System setzt das Engagement der Schweizer Bürgerinnen und Bürger voraus, wofür das Milizsystem in unserem Land steht. Das Milizsystem garantiert Bodenhaftung der Politiker und Nähe zum Volk.
Diese Nähe ist besonders wichtig, um einen direkten Draht zu den Bürgerinnen und Bürger zu haben, denn das zeichnet die direkte Demokratie aus. «Das Milizsystem verhindert, dass sich Bürger vom Staat entfremden, denn wenn man selbst mitwirken und bewirken kann, die politische Prozesse möglichst nahe an die Bürger herangeführt werden können, dann liegt die politische Macht direkt bei dir und mir und nicht weit weg, irgendwo in Bern, in den Händen von wenigen». Aber es gilt eben sich einzusetzen: Denn wer nicht handelt, der wird behandelt.
Die Jugend wurde wachgerüttelt, sie wird rebellischer
Jahrelang galt die Jugend als politikverdrossen, angepasst, ja gar langweilig. Nun zeichnet sich, so Dieth, das Ende dieser Lethargie ab. Jugendliche merken, dass sie die Gesellschaft, in der sie leben, mitgestalten können. Die eigenen Ideen zur Verbesserung und Optimierung können eingebracht werden, wofür man dann kämpfen und Mehrheiten finden muss. «Und überall kann man Spannendes lernen über Verhandlungstaktik, Kommunikation, Wahlkampf, politische Möglichkeiten, aber auch über die Grenzen des Systems. Mit der Zeit lernt man Geduld zu haben, denn der Weg in unserem politischen System ist vielleicht etwas langsamer, aber wir kommen zusammen ans Ziel». Das politische System der Schweiz wird getragen vom Engagement und der aktiven Teilnahme der Menschen. Weder durch populistische Parolen noch durch Unwahrheiten im Internet gerät es ins Wanken. Denn eine Gefahr für unsere Demokratie und damit unser Land besteht nur dann, wenn die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl bekommen, sowieso nichts ändern zu können. «Doch wir alle können tatsächlich etwas bewirken und allein das zählt», so Dieth.
Dialog der Generationen
Da die Älteren unter uns natürlich die Erfahrenen sind, können sie die Jungen mitnehmen, sie einbinden und mit ihnen sprechen. Und die Jungen unter uns müssen keine Angst davor haben, sich mitnehmen zu lassen, sich zu engagieren, zuzuhören! Die Generation Z ist unsere Zukunft. Sie soll informiert und motiviert werden, sie soll wissen, dass sie entscheiden kann, dass vieles geändert werden kann – wenn sie sich beteiligt. «Denn nur kein Entscheid ist der schlechteste Entscheid!» so der Aufruf von Regierungsrat Dieth.
Was anfänglich nach einer trockenen Materie roch, entpuppte sich dank der Leidenschaft von Markus Dieth zu einem interessanten und vergnüglichen Anschauungsunterricht. Die gegen 60 Zuhörerinnen und Zuhörer, darunter eine Maturaabschlussklasse des BWZ Brugg, dankten es mit einem langen Applaus.
—
Respekt, Fairness, Verantwortung
Mit Anlässen zu aktuellen Themen fördert die Vereinigung christlicher Unternehmer VCU den Erfahrungs- und Meinungsaustausch unter den Mitgliedern sowie mit Fachleuten und interessierten Gästen. Hauptfokus ist laut VCU-Präsident Max Zeier dabei das «Wirtschaften mit Werten». Ziel der Vereinigung ist es, ihren Mitgliedern unternehmerische, gesellschaftliche und ethische Impulse zu vermitteln und ihre Verantwortung im Umgang mit Gesellschaft und der Welt wahrzunehmen. Dies ganz nach dem Motto: «Respekt – Fairness – Verantwortung».
«Wer nicht handelt, der wird behandelt», Regierungsrat Dr. Markus Dieth (rechts) plädierte vor der VCU in Brugg für ein politisches Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Links VCU-Präsident Max Zeier.
«Die politische Lethargie bei den Jungen scheint vorbei zu sein», Regierungsrat Dr. Markus Dieth ist zuversichtlich und hofft auf die Generation Z – so in einem Referat vor der VCU in Brugg.