Ach, früher war alles viel klarer und einfacher: Die Frau am Herd, der Mann bei der Arbeit. Wenn eine Familie von diesem Vorbild abwich, wurde sie vom Umfeld oft kritisch beäugt.
Heute ist es nicht mehr einfach gegeben, dass eine Frau aufhört, ausserhalb des Hauses zu arbeiten, wenn sie Mutter wird. Weshalb? Ein Grund ist, dass Frauen heute generell besser ausgebildet sind, herausforderndere Jobs haben und weniger bereit sind, ihre Arbeit ganz aufzugeben.
Das traditionelle Familienmodell existiert zwar nach wie vor, denn es gibt nach wie vor Frauen, die aus Überzeugung Vollzeit-Familienmanagerinnen sind oder denen die Drittbetreuungsangebote für ihre Kinder finanziell zu unattraktiv sind. Daneben existieren heute aber noch einige andere gängige Familienmodelle.
Neue Herausforderungen
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat ein anderes Gewicht bekommen.
Werden in einer Beziehung Kinder ein Thema, beginnen die Verhandlungen: Wer reduziert das Arbeitspensum um wie viel? Wie werden die Kinder betreut? Von den Grosseltern, einer Nan-ny oder in der Kita?
Ist die Kinderbetreuung einmal organisiert, ist das Thema aber nicht einfach vom Tisch. Überraschungen des Alltags, wie kranke Kinder oder unerwartete Anpassungen im Stundenplan der Schule, fordern die Eltern: Die Kinderbetreuung muss am Morgen spontan umorganisiert werden, weil der sonst betreuende Grossvater mit einer Grippe im Bett liegt. Das Telefon klingelt mitten in einem Nachmittagsmeeting, da das Kind in der Kita fiebrig aus dem Mittagsschlaf erwacht ist und abgeholt werden muss. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist also jahrelang ein wichtiges Thema für viele Arbeitstätige mit Kindern.
Bei Vereinbarkeit von Beruf und Familie denken wir oft in erster Linie an berufstätige Eltern, die ihre Arbeit und die Kinderbetreuung unter einen Hut bringen müssen. Es gibt aber noch einen ganz anderen Aspekt der Vereinbarkeit: Es gibt berufstätige Personen, die neben ihrer externen Arbeit Pflege- oder Betreuungsaufgaben von Angehörigen übernehmen, und das ist keine Seltenheit. Es profitieren aber beide Gruppen von ähnlichen Faktoren.
Unternehmen sind gefordert
Was kann ein Unternehmen tun, um eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern (die Aufzählung ist nicht abschliessend)?
1. Flexibilität
Flexibilität (örtlich, zeitlich, in Bezug auf Modelle und Pensen) entlastet. Flexiblere Arbeitszeitmodelle reduzieren beispielsweise den Stress für Eltern, die ihre Kinder in die Kita bringen oder abholen müssen. Die inzwischen verbreitete Möglichkeit von Homeoffice trägt ebenfalls zu mehr Flexibilität bei: Mitarbeitende sparen durch den Wegfall des Arbeitsweges deutlich an Zeit ein. Flexibilität bedeutet aber auch die Möglichkeit für Teilzeitarbeit, damit die Betreuung der Kinder oder die Pflege von Angehörigen aufgeteilt werden kann.
2. Betriebskultur
Führungskräfte nehmen auch in diesem Thema eine wichtige Rolle ein: Wie verständnisvoll reagiert eine Führungskraft, wenn ein Mitarbeiter nicht vor Ort arbeiten kann, weil das Kind krank ist? Wie offen kann ich kommunizieren, wenn ich wegen eines familiären Vorfalls an einem Tag nicht voll leistungsfähig bin?
3. Externe Kinderbetreuung
unterstützen
Klar, nicht jedes Unternehmen kann oder möchte sich eine Betriebs-Kita leisten. Oft hilft aber schon eine Beratung für Mitarbeitende bei Bedarf, eine Vermittlung von Angeboten oder gar eine gewisse finanzielle Beteiligung. Von einer gut organisierten Kinderbetreuung profitiert schliesslich auch das Unternehmen, da es auf eine stabilere Leistung der Mitarbeitenden zählen kann.
Weshalb lohnt es sich für ein Unternehmen, in die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu investieren?
In Zeiten des akuten Fachkräftemangels gewinnen Mütter als Fachkräfte eine immer grössere Bedeutung auf dem Arbeitsmarkt. Wir sind volkswirtschaftlich immer mehr auf extern arbeitende Mütter angewiesen.
Da der Arbeitsmarkt immer mehr zum Arbeitnehmermarkt wird, ist es für einen Betrieb ein grosser Vorteil, wenn auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie Wert gelegt wird. Einerseits ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein wichtiges Argument für die Gewinnung neuer Mitarbeitender. Andererseits sind Mitarbeitende loyaler und dem Unternehmen treuer, wenn sie den Eindruck erhalten, dass auf ihre Bedürfnisse (in diesem Fall die Vereinbarkeit) eingegangen wird. Auf eine ausführliche Rechnung für den Beleg der Tatsache, dass Fluktuation teuer ist, verzichte ich an dieser Stelle.
Also los: Lasst uns das vorhandene Potenzial ausschöpfen!