Unternehmer-Interviews

Wie gehen VCU-Mitglieder mit der Corona-Situation um?

Was bedeutet Corona für die Unternehmen oder Organisationen unserer Mitglieder? Welche besonderen Herausforderungen galt es oder gilt es zu bewältigen? Wir haben verschiedene Führungspersönlichkeiten aus sehr unterschiedlichen Bereichen und Branchen dazu befragt.


Leonhard Grämiger, CEO Gremolith AG

Wie sind Sie in Ihrem Unternehmen mit der Corona-Situation umgegagen?

Da die Gremolith AG in der Chemie-Branche tätig ist, und es sich um ein Produktionsunternehmen handelt, gab es bei uns im Betrieb keine grossen Veränderungen. Unsere Mitarbeitenden waren sich bereits gewohnt mit Schutzmasken zu arbeiten. Für uns war dies daher keine Umstellung.

Welche konkreten Auswirkungen auf den Arbeitsalltag hatte Corona?
Was bedeutete dies für die Führung?

In der ersten Welle im Frühling 2020 gab es bei uns kein Homeoffice. Wir sind nur wenige Leute in der Administration, haben Einzelbüros und sind auf den schnellen Informationsaustausch zwischen den einzelnen Abteilungen angewiesen. Es wurde auch von den Mitarbeitenden kein Wunsch nach Homeoffice geäussert. Wir mussten im März jedoch 2 Wochen Zwangsferien anordnen, da kurzfristig die Aufträge eingebrochen waren. Vor allem in der Kommunikation war ein besonderer Effort notwendig in dieser Zeit. Auch der Aufwand auf organisatorischer Seite war relativ gross. Wir mussten uns laufend über die aktuellen Vorschriften seitens Bund und Kanton orientieren. Da in unseren Firmengebäuden noch ein weiteres Unternehmen eingemietet ist, war es notwendig, die Massnahmen gegenseitig aufeinander abzustimmen.

Natürlich gab es auch Mitarbeitende, die Angst hatten in dieser Situation, denn wir hatten einzelne Corona-Fälle und es mussten auch einige Personen in Quarantäne. Wer seinen Arbeitsplatz in der Produktion oder im Labor hatte, konnte dann nicht einfach zu Hause arbeiten, denn Homeoffice ist im Produktionsbetrieb nicht möglich.

Mit welchen Prinzipien und Werten führen Sie Ihr Unternehmen durch die Krise?

Ich führe die Gremolith AG nun seit rund 30 Jahren. Dabei habe ich immer besonderen Wert auf Ehrlichkeit gelegt. Gerade in dieser Zeit ist dies ein wichtiger Wert. Es geht darum, Lösungen zu finden und die Angst zu nehmen. Mitarbeitende haben verständlicherweise in diesen unsicheren Zeiten Angst davor, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Da ist es wichtig, transparent zu kommunizieren.

Wie bleibt Ihr Unternehmen erfolgreich für die Zukunft aufgestellt?

Die Zeiten werden unsicher bleiben. Es ist aktuell schwierig, richtig zu budgetieren, denn auch unsere Kunden können keine genauen Forecasts machen. Trotzdem glaube ich, dass die schwierigste Zeit vorbei ist. Die Geschäfte ziehen wieder an. Ich bin zuversichtlich.

Was ist Ihnen sonst noch wichtig zu sagen?

Die Corona-Pandemie hat mich zeitlich auf dem falschen Fuss erwischt. Eigentlich wollte ich mich im vergangenen Jahr aus dem operativen Geschäft zurückziehen und die Geschäfte einem Nachfolger übergeben. Doch im letzten Jahr ist dieser Prozess plötzlich still gestanden. Mittlerweile konnte dieser Prozess jedoch wieder angepackt werden. Ich gehe nun halt Corona bedingt ein Jahr später in Pension als geplant.


Sabrina Sauder, Musikerin

Wie sind Sie in Ihrem Unternehmen mit der Corona-Situation umgegagen?

Ich habe versucht, das Positive an der neuen Situation zu sehen und mich nicht verrückt machen zu lassen. Als Einzelunternehmerin bin ich glücklicherweise nur für mich selbst zuständig und konnte den Fokus auf meine Tätigkeit und deren Weiterentwicklung legen.

Welche konkreten Auswirkungen auf den Arbeitsalltag hatte Corona?
Was bedeutete dies für die Führung?

Es hat alles auf den Kopf gestellt und verändert. Als Musikerin wurden mir gegen 60 Auftritte abgesagt, bedeutend mehr als die Hälfte meiner Jahresaufritte. Die staatliche Entschädigung dafür war minimal. Als freischaffende Künstler sind wir durch die Maschen unseres Systems gefallen und als nicht systemrelevant taxiert worden. Ich hatte unglaublich Glück mit meinem Abschluss als Sekundarschullehrerin. Als Stellvertreterin habe ich sofort Aufträge bekommen und bin wieder vermehrt in die Schule eingestiegen. Davor hatte ich jahrelang von und mit der Musik gelebt und war nur sporadisch in Schulen anzutreffen. 

Musikalisch habe ich versucht, in dieser Zeit trotzdem relevant zu bleiben, ohne meine Musik einfach zu verschenken. Auf einen externen Input hin startete ich deshalb im März 2020 mit persönlichen Musikgrüssen. Die Idee besteht darin, dass Menschen einen Musikwunsch bei mir aufgeben mit einer persönlichen Botschaft für ihre Freunde und Bekannten. Diesen setze ich dann musikalisch auf Video um. Der Besteller bekommt am Ende einen Link zu seinem persönlichen Musikvideo und verschenkt diesen an Familie und Bekannte. Ich durfte im vergangenen Jahr einige Dutzend solcher Musikgrüsse umsetzen, die als Geburtstags-, Muttertags- oder Weihnachtsgeschenk verschickt worden sind, oder einfach als Aufmunterung in schwierigen Zeiten. Dieser Dienst kommt bis heute sehr gut an und hat einen hohen emotionalen Wert nicht nur für mich, sondern auch für die Besteller. Die Feedbacks zeigen, dass dank dieser digitalen Musikgrüsse Herzen berührt werden können.

Mit welchen Prinzipien und Werten führen Sie Ihr Unternehmen durch die Krise?

Es ist mir sehr wichtig, authentisch und professionell zu sein. Ich tue die Dinge ganz oder gar nicht und verbiege mich dabei nicht. Auch dünkt es mich fundamental, gerade in diesen Zeiten der Musik und meinen hart erarbeiteten Fähigkeiten ihren Wert zu geben. Musik ist zwar Emotion, muss deshalb aber nicht umsonst sein.

Wie bleibt Ihr Unternehmen erfolgreich für die Zukunft aufgestellt?

Diversifikation, also breit aufgestellt zu sein, scheint mir auch für meine Branche der Schlüssel zu sein. So bin ich nicht nur als Performing Artist auf grossen und kleinen Bühnen tätig, sondern werde auch für Studioaufträge gebucht. Mit dem Angebot der Musikgrüsse binde ich meine Live-Musik zudem nicht an einen bestimmten Ort und kann damit mehr Menschen erreichen. Zusätzlich coache ich seit Jahren Gesangsschüler, die sich stimmlich und persönlich weiterentwickeln wollen. Ein neuer Zweig sind ausserdem Sprechaufträge, die ich für Firmen oder auch für Radiospots ausführe.

Was ist Ihnen sonst noch wichtig zu sagen?

Mir persönlich ist es wichtig, agil zu bleiben. Mich regelmässig weiterzuentwickeln ist essenziell, gerade für meine persönliche Zufriedenheit, aber ebenso für meine Arbeit als Musikerin. Ein Standardleben wäre mir persönlich ein Grauen. Das Leben und das zunehmende Alter lehren mich dabei, achtsam mit meinen persönlichen Ressourcen umzugehen. Auch ein guter Umgang mit Rückschlägen ist von hoher Relevanz. Gerade in einer Branche, in der es sehr viel Konkurrenz gibt, ist es unerlässlich, sich ein dickes Fell zuzulegen und mental stark zu sein.


Boris Tschirky, Gemeindepräsident Gaiserwald

Wie sind Sie in Ihrer Organisation mit der Corona-Situation umgegangen?

Für die Gemeindeverwaltung war es wichtig, dass der Betrieb immer aufrecht erhalten blieb. Dank unserer komfortablen Raumsituation mit Einzelbüros war es relativ einfach, die Schutz- und Hygienemassnahmen einzuhalten. Ganz allgemein sind wir damit gut durch die erste Welle der Corona-Krise gekommen.

Welche konkreten Auswirkungen auf den Arbeitsalltag hatte Corona?
Was bedeutete dies für die Führung?

Wir hatten natürlich weniger Kundinnen und Kunden, die ins Gemeindehaus kamen. Im direkten Kundenkontakt haben wir in der ersten Phase auf Plexiglas gesetzt und später dann auch auf Schutzmasken. Für unsere Mitarbeitenden im Büro haben wir die Homeoffice-Möglichkeit eingerichtet — das war vor allem wichtig während der Zeit, als die Schulen geschlossen waren. Unsere Mitarbeitenden haben es sehr geschätzt, dass sie in dieser Zeit auch von zu Hause aus arbeiten konnten. Zum Teil haben wir auch Personen, die zu einer Risikogruppe zählen. Diese arbeiteten vorwiegend im Homeoffice.

Mit welchen Prinzipien und Werten führen Sie Ihre Organisation durch die Krise?

Mir ist es wichtig, dass die Leute mitdenken und dann in der Umsetzung von Massnahmen konsequent sind. Es sind ja alles mündige und ausgesprochen fähige Leute. Entsprechend geht es mir nicht darum, alles kontrollieren zu müssen — ich zähle auf das Verständnis und die Eigenverantwortung meiner Mitarbeitenden.

Wie bleibt Ihre Organisation erfolgreich für die Zukunft aufgestellt?

Wir setzen in der Verwaltung auf eine zielgerichtete Digitalisierung und die Vereinfachung von Prozessen. Diese neuen Tools sind wesentlich und werden einen Effizienzgewinn mit sich bringen. Genau so wichtig ist es aber, auch die Bevölkerung auf diesen Weg mitzunehmen. Das heisst: Die Bevölkerung muss mit den neuen Tools ebenfalls umgehen können.

Was ist Ihnen sonst noch wichtig zu sagen?

Die Verwaltung übt innerhalb der Gemeinde eine Vorbildfunktion aus. Dieses Bewusstsein versuche ich allen zu vermitteln. Gerade in Corona-Zeiten ist dies prägend. Das heisst konkret, dass sich jemand auch in der Freizeit möglichst verantwortungsbewusst verhalten soll.


Christoph Bärlocher, Geschäftsführer Bärlocher Baugeschäft AG

Wie sind Sie in Ihrer Organisation mit der Corona-Situation umgegangen?

Grundsätzlich vorsichtig. Wir haben immer versucht, die Mitarbeitenden und die Kunden zu schützen. Besonders am Anfang galt es, vielen Unbekannten entgegen zu treten. Im Gegensatz zu anderen Branchen konnte die Baubranche immer arbeiten.

Zuerst waren keine Masken verfügbar. Deshalb haben wir Beschränkungen beim Personaltransport und bei der Anzahl Mitarbeitenden in den Pausen verfügt und zum Beispiel mehr Personalbaracken und Waschstationen gestellt. Besonders vulnerable Mitarbeitende haben wir — in der ersten Welle —  von uns aus nach Hause geschickt. Desinfektionsmittel steht überall zur Verfügung und wird kostenlos abge-geben.

In der zweiten Welle haben wir darüber hinaus alle Mitarbeitenden mit Masken ausgestattet, schon vor dem Obligatorium die Maskenpflicht eingeführt, die Mittagstisch-Kapazitäten ausgebaut und jeden, der Symptome gezeigt hat, testen lassen. Alle Mitarbeitenden haben zu jederzeit die Regeln eingehalten, weshalb wir zum Glück beim Baupersonal bis heute keinen (bekannten) Fall zu verzeichnen haben.

Leider mussten aber auch wir für einen kleinen Teil Kurzarbeit anmelden, was ein sehr gutes Instrument ist, um unsere Mitarbeitenden halten zu ­können.

Welche konkreten Auswirkungen auf den Arbeitsalltag hatte Corona?
Was bedeutete dies für die Führung?

Neben den oben genannten Massnahmen, welche ja alle zu verfolgen haben, prägte sicherlich die Unsicherheit auch die Mitarbeitenden: Hat es genügend Arbeit? Ist der Arbeitsplatz gesichert? Diese und andere Fragen dürften sich auch unsere Mitarbeitenden gefragt haben.

Unsere Kadermitarbeitenden mussten und müssen flexibel sein, mit den Unsicherheiten und Ängsten der Mitarbeitenden umgehen, sich um die staatlichen Hilfsmassnahmen kümmern sowie die Hygienevorschriften überprüfen und gegebenenfalls ­optimieren.

Mit welchen Prinzipien und Werten führen Sie Ihre Organisation durch die Krise?

Mit Ehrlichkeit. Wir machen unseren Mitarbeitenden nichts vor und beziehen sie in die sinnvolle Umsetzung der Massnahmen mit ein. Bei uns übernimmt jede und jeder Verantwortung und Flexibilität ist sehr wichtig, um auch kurzfristig neue Optionen suchen und finden zu können. Und Demut: Wir sind uns der Situation bewusst, um vielleicht gestärkt aus ihr herauszugehen.

Wie bleibt Ihre Organisation erfolgreich für die Zukunft aufgestellt?

Wie haben die Organisation gestrafft, die Abläufe optimiert, mehr IT-Mittel und -Prozesse eingesetzt und haben die Grundlagen gelegt, um weiterhin am Markt attraktive Angebote und Leistungen anbieten zu können. Zudem setzen wir viel Aufwand und Geld für die Weiterbildung der Mitarbeitenden ein.

Was ist Ihnen sonst noch wichtig zu sagen?

Die Corona-Pandemie ist schlimm. Vor allem für diejenigen, welche Angehörige verloren haben oder die Arbeitsstelle aufgeben mussten. Trotz allem aber bieten solche Ereignisse auch Chancen. Die ganze Wirtschaft, die Gesellschaft sowie der Schulbereich haben einen enormen digitalen Schub bekommen, welcher sonst nie so stattgefunden hätte. Man hat sich wieder auf andere Werte fokussiert — nicht mehr der Konsum stand oder steht im Vordergrund, sondern Mitgefühl, Hilfsbereitschaft, Solidarität und die Familie oder der Freundeskreis haben bei vielen an Bedeutung gewonnen.