Am Anfang des Jahres 2021 war die Hoffnung gross, dass sich unser (Arbeits-)Alltag in diesem Jahr wieder «normalisieren» würde. Nach einem von der Pandemie geprägten Jahr 2020, mit verschiedensten Einschränkungen und verordneten Massnahmen, sehnten wir uns das möglichst unmittelbare Ende der Pandemie und die absolute Freiheit herbei. Relativ bald wurde uns aber klar, dass wir das Virus so schnell nicht loswerden.
Mitte Januar verschlug es nach der verordneten Homeofficepflicht vermehrt auch Homeoffice-Muffel für die Arbeit in die eigenen vier Wände. Mit virtuellen Kaffeepausen wurde versucht, den Teamzusammenhalt zu stärken und den Austausch zu fördern. Fachpersonen beschäftigten sich mit Fragen wie: «Wie gehen wir mit negativen Emotionen in virtuellen Meetings um?». Situationen, die per se komplex waren, forderten uns im virtuellen Raum noch mehr heraus. Tatsächlich schien die Kommunikation im Team in dieser Zeit eine Knacknuss zu sein: In einer diesjährigen Studie der ZHAW (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) gaben 55% der befragten Personen an, dass sich die Kommunikation im Team aufgrund der verstärkten Arbeit im Homeoffice verschlechtert habe. In unserem Beratungsalltag hörten wir zudem oft, dass einige mehr Mühe hatten, sich von der Arbeit abzugrenzen. Mit dem wegfallenden Pendelweg verschwand beispielsweise auch die abendliche Lektüre im Zug. Dieses Ritual hilft, Abstand zum Arbeitstag zu gewinnen; den Zug am Wohnort zu verlassen und gedanklich schon weit entfernt von der Arbeit zu sein. Andere berichteten davon, dass sie sehr viel Selbstdisziplin bräuchten, um nicht spätabends noch einmal ihre geschäftlichen E-Mails zu checken, da der Laptop ja sowieso noch in der Stube lag. Eine mögliche Lösung als Ersatz des wegfallenden Arbeitswegs könnte ein Spaziergang sein. So wirken wir gleichzeitig dem Bewegungsmangel im Homeoffice entgegen. Bei allen Herausforderungen brachte das Homeoffice aber auch Vorteile: Wir konnten morgens länger schlafen, waren trotzdem rechtzeitig bei der Arbeit und sahen unsere Kinder häufiger. Viele Arbeitsteams, die Vollzeit im Homeoffice waren, kehrten nach der Aufhebung der Homeoffice Pflicht im Sommer (teilweise) wieder in ihre Büros zurück und die Aushandlung des «New Normal» begann: Wie viele Tage darf/soll/muss ich weiterhin von zu Hause aus arbeiten? Gibt es nach wie vor einen fixen Arbeitsplatz für alle im Betrieb? Welche Meetings finden nach wie vor online statt? Es gibt inzwischen Betriebe, die wieder zu voller Präsenzzeit im Büro zurückgekehrt sind. Einige empfehlen nach wie vor volles Homeoffice, wieder andere verfolgen eine Mischform. Es ist davon auszugehen, dass die Zukunft in vielen Betrieben hybrid sein wird, d.h. dass teilweise im Betrieb, aber auch mobil gearbeitet wird. So können die Vorteile beider Arbeitsumgebungen genutzt werden. Klar ist, dass sich dadurch neue Herausforderungen ergeben. Als Führungskraft ein Team zu führen, das (teilweise) ortsunabhängig arbeitet, braucht mehr Koordination und eine durchdachte Kommunikation.
Wenn Sie hier im Text angekommen sind und sich fragen: Und was hat das alles mit meinem Arbeitsalltag zu tun? Ja, es gab auch diejenigen unter uns, die jeden Tag in den Betrieb oder auf die Baustelle fuhren, da sie einer Arbeit nachgehen, bei der Homeoffice nicht möglich ist. Oder Künstlerinnen und Gastronomen die phasenweise gar nicht arbeiten konnten. In Gesprächen mit Personen, die in einem büro-fernen Bereich tätig sind, habe ich immer wieder festgestellt, dass sie ganz andere Herausforderungen zu bewältigen hatten. Da tauchten dieses Jahr vermehrt Fragen auf wie: Wie kommen wir zu den für unsere Produktion nötigen Rohstoffen? Wo verbringen unsere Service-Mitarbeitenden ihre Mittagspause, wenn alle Restaurants geschlossen sind? Wie verdiene ich Geld als Sängerin, wenn Live-Auftritte nicht möglich sind?
Was mich dieses Jahr immer wieder beeindruckte, war die Flexibilität und die Kreativität, mit der verschiedene Personen darauf reagierten, da sie ihr Kerngeschäft nicht mehr verfolgen konnten. Zum Beispiel war da der Zeitschriftenartikel über die Schauspielerin, die keine Bühnenauftritte mehr hatte, dafür aber eine Firma gründete, um Führungskräfte darin zu beraten, wie sie bei Videokonferenzen gut rüberkommen. Oder Sabrina Sauder die Präsidentin der VCU Regionalgruppe Ostschweiz, der sämtliche Liveauftritte wegbrachen. Sie begann, Musikwünsche zu vertonen und auf Video aufzunehmen, damit ich beispielsweise meiner Mutter musikalisch zum Muttertag gratulieren konnte.
Wie herausfordernd dieses Arbeitsjahr auch war, so hatten wir alle die Chance unsere Flexibilität und unsere Kreativität im Finden von neuen Lösungen weiterzuentwickeln.
Zum Jahresabschluss wünsche uns allen viel positive Energie und viel Freude beim Meistern neuer Herausforderungen.