Was keinen Preis hat, hat auch keinen Wert …

Was keinen Preis hat, hat auch keinen Wert …

… so funk­tion­iert die Mark­twirtschaft. Damit haben in ihr «öffentliche Güter» wie saubere Luft, klare, gesunde Gewäss­er und die Ökosys­teme der Meeres und Wälder grund­sät­zlich keinen Wert. Auch die Grun­drechte und Bedürfnisse von Men­schen, die keine Kaufkraft haben und keine erwer­ben kön­nen, haben hier schlicht keinen Wert. Men­schen­rechte an sich haben keinen Preis!

Genau darum geben wir der Mark­twirtschaft einen Rah­men durch Gebote und Ver­bote, oder durch poli­tisch geset­zte Preise wie die Lenkungss­teuer. Gebote und Ver­bote erhal­ten aus Sicht des Mark­tes ihren Wert dadurch, dass sie ein­klag­bar sind und somit Schä­den durch Zuwider­hand­lung durch gerichtlich­es Urteil dem Verur­sach­er belastet wer­den können.

Sehr effizient ist das nicht, denn nur ent­deck­te Schä­den an Men­sch und Umwelt wer­den allen­falls eingeklagt, und das in lang­wieri­gen Prozessen, die von den Kla­gen­den wieder Kaufkraft erfordern.

Es sei denn, es gäbe auch ohne «Preis» einen Kon­sens für das ­Wirtschaften mit Werten! Und die Ein­sicht obsiegte, dass bleibende Schä­den an «öffentlichen Gütern» langfristig zurückschla­gen — meist auf die gesamte men­schliche Gemein­schaft und ihre Über­leben­schan­cen in der Natur.

Der Kli­mawan­del zeigt es. Der Arten­schwund zeigt es. Covid-19, der Virus aus der bedrängten Wild­nis, zeigt es. Die grossen Zahlen von Wirtschafts­flüchtlin­gen zeigen es. Zugun­sten unser­er kurzfristi­gen Kon­sum­frei­heit nehmen wir auch per­sön­lich täglich Schaden in Kauf: Die Ökonomie-Dozentin Irmi Sei­dl sagt zum Reizthe­ma dro­hen­der Kon­sumverzicht: »Wir verzicht­en schon heute — etwa wegen des motorisierten Pri­vatverkehrs auf gute Luft, Ruhe und Gesund­heit; wegen der staatlich geförderten ­inten­siv­en Land­wirtschaft auf pes­tizid­freies Essen und Wasser …».

Wie kom­men wir also weiter?

Auf jeden Fall, denke ich, müssen wir zur Bändi­gung der Unein­sichti­gen lei­der das Netz der Kosten­zuweisung durch die Gerichte ergänzen, ger­ade auf glob­aler Ebene. Multi­na­tion­al ­tätige Unternehmen kön­nen sich ihm bish­er entziehen — und gewisse nutzen diese Lücke!

Die Ini­tianten der Konz­ern­ver­ant­wor­tungsini­tia­tive zeigen es uner­müdlich mit zahlre­ichen Beispie­len und seit diesem Früh­jahr auch mit einem ein­drück­lichen Film. Auch der Strafrechtler Prof. Marc Pieth hat unser­er Region­al­gruppe in Basel mit seinem Vor­trag «Gibt es faires Gold?» auf­grund per­sön­lich­er Unter­suchun­gen vor Ort ein ähn­lich­es Bild vermittelt:

Die Schä­den an Men­sch und Natur, die hin­genom­men wer­den, sind im wahrsten Sinne des Wortes ver­nich­t­end, und sie nehmen laufend zu. Was Wun­der, wenn die Betrof­fe­nen dahin migri­eren, wo das Leben bess­er scheint!

Das Anliegen der Konz­ern­ver­ant­wor­tungsini­tia­tive ist also keineswegs kar­i­ta­tiv, son­dern sowohl ökol­o­gisch als auch sozial ganz in unserem vernün­fti­gen Eigeninteresse!

Das haben die Autoren des aus­führlichen Gegen­vorschlags, den der Nation­al­rat befür­wortet hat­te, sorgfältig berück­sichtigt. Bedauer­licher­weise ist dieser von unserem Par­la­ment zulet­zt doch ver­wor­fen wor­den. Was nun als Alter­na­tive vor­liegt — die blosse Bericht­spflicht — führt kaum je zur Offen­le­gung und Bere­ini­gung der kri­tis­chen Fälle — das habe ich als Nach­haltigkeit­s­an­a­lystin zur Genüge gese­hen, und es hat sich bei der Bericht­spflicht der EU bestätigt.

Deshalb ist Frankre­ich seit 2017 mit einem Gesetz vor­ange­gan­gen und sowohl die EU als auch Deutsch­land disku­tieren derzeit Geset­zesvor­la­gen zur Ein­führung ein­er ein­schlägi­gen Sorgfalt­spflicht. Wichtige inter­na­tionale Konz­erne unter­stützen dies . Die Schweiz wäre also mit ein­er blossen Bericht­spflicht keineswegs «an der Spitze der Liga»!

Ger­ade beim The­ma Ver­ant­wor­tung dürfte sich der Swiss Fin­ish lohnen: Wir wären für ein­mal nicht die let­zten, und wir schüfen gle­ich lange Spiesse für die vie­len Unternehmen, die ver­ant­wortlich wirtschaften. Bei der Abstim­mung vom 29. Novem­ber 2020 kön­nen wir das einfordern.

Autoren:

Michaela Collins, Vor­stand RG Basel