Es kommt eher selten vor, dass die VCU Basel eine Veranstaltung in Zürich durchführt. Ein Grund mehr, als Gast teilzunehmen. So reihte ich mich am 4. Mai dieses Jahres am Samstagmorgen in die Schar der erwartungsfrohen VCU-Mitglieder und Gäste. Es hat sich gelohnt – und wie!
Die Pfarrei Dreikönigen in Zürich lud zu ihrem 70jährigen Bestehen (1951 – 2021) zu einem Wettbewerb ein, den der Basler Goldschmied Bernhard Lang mit seinem Entwurf gewann.
Als Mitglied der VCU Basel bot er uns allen die wunderbare Gelegenheit, sein Werk, einen (beleuchteten) Ring aus Messing über dem Taufstein, nicht nur zu geniessen, sondern auch viele ergänzende Informationen zur Entstehung des Werks und zu seinem persönlichen Leben zu erfahren, letztlich zwei nicht völlig voneinander trennbare Wege.
Vertrauen und Zeit
Mich persönlich haben folgende Aspekte besonders beeindruckt und berührt:
Neues schaffen: Eine Kirche soll ein lebendiger Ort sein. Der Pfarrei Dreikönigen gebührt Dank, dass sie zu ihrem 75jährigen Bestehen etwas Neues schaffen und erschaffen liess.
Vertrauen: Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ein Goldschmied eingeladen wird, an einem solchen Wettbewerb teilzunehmen und noch viel weniger, ihm das Vertrauen zu schenken, sein Konzept umzusetzen.
Harmonie braucht Zeit: Eindrücklich schilderte Bernhard Lang, wie er sich Zeit nahm, den (Kirchen-)Raum zu spüren, obwohl es ihn magischerweise von Beginn an in eine Ecke rund um das Taufbecken zog, wo sich die Architektur konzentrisch um eine imagniäre, vertikale Achse windet.
«Goldener Ring»: Bernhard Lang hat seinen Ring, der aus 657 Teilen aus Edelstahl besteht, in Handarbeit fein zu neun Elementen verlötet und letztlich mit einer hauchdünnen Goldschicht überzogen. Ganz unabhängig davon, ob sich die heutigen Besucher der Kirche der grossen Bedeutung des Rings im mystisch-magischen Denken der Bergler bewusst sind, er strahlt eine eigene Ruhe und Sicherheit aus, welche verblüfft und einnimmt.
«Lassen Sie Licht auf sich regnen»
Bernhard Lang (www.bernhard-lang.ch, www.dreikoenigen.ch) hat seine Gedanken auch auf seiner Webseite publiziert. Verbunden mit der Empfehlung, bei nächster Gelegenheit diese Kirche zu besuchen, möchte ich ihm das Schlusswort überlassen. Ich zitierte aus seiner Beschreibung:
«Jetzt schwebt und leuchtet er, der Reif, still, und jetzt gehört er Ihnen! Ich wünsche allen, dass der Ort dazu einlädt, nach oben zu schauen und Teil der Verbindung zu sein. Lassen Sie Licht auf sich regnen und senden Sie Ihren Dank zurück in die Höhe!»
Die Kirche Dreikönigen ist die römischkatholische Pfarrkirche des Zürcher Stadtteils Enge und liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zur evangelischreformierten Kirche Enge. Um deren Turm nicht zu konkurrenzieren, war zwar der Raum für einen Turm in der Architektur der Kirche ausgespart, wurde aber nicht ausgeführt. In eben dieser Ecke steht nur der Taufstein. Die imaginäre Achse, die Verbindungslinie zwischen Himmel und Erde vom Ursprung in die Ewigkeit, sie wird nun vom Ring kongenial aufgenommen.