
Rückblick Jubiläums-Jahrestagung
Unsere VCU, die Vereinigung christlicher Unternehmer, blickte an der Jubiläums-Jahrestagung vom 18. Mai in Rapperswil auf 70 erfolgreiche Jahre zurück. Mit einem Mitgliederzuwachs von fünf Prozent, einem innovativen Mentoringprogramm für Jung-Unternehmer und der Wahl des Basler Architekten Lukas Stutz zum designierten VCU-Präsidenten ist die Unternehmergemeinschaft für kommende Herausforderungen gut gewappnet.
Eine knappe Hundertschaft erfreulich durchmischter VCU-Mitglieder liess sich von Zentralpräsident Rainer Bätschmann ins Rahmenprogramm einführen. Bätschmann blickte mit Stolz auf 70 Jahre zurück und schlug den Bogen zwischen dem Respekt vor Traditionen und dem Anspruch der jungen Generation, dass auch auf sie gehört werden sollte.
Benedikt Würth, das am Jubiläumswochenende in den Ständerat gewählte VCU-Mitglied, betonte als Sankt Galler Regierungsvertreter den hohen Stellenwert der VCU-Werte. Mit Papst Franziskus ermutigte Würth, den Wertekompass vor Augen zu halten: «Unternehmer haben dem Gemeinwohl zu dienen.»
Jeannette Behringer, Leiterin des Fachbereichs Gesellschaft & Ethik bei der reformierten Zürcher Landeskirche, moderierte drei gehaltvolle Grundsatzreferate und eine engagierte Fragerunde mit dem Publikum.
Unternehmerische Verantwortung ist grenzüberschreitend
Andreas Jiménez erläuterte als Geschäftsleiter der Max Havelaar-Stiftung (Schweiz) die Strategie des Fair-Trade- Pioniers, der Produkte von 1,6 Millionen Kleinbauern im Süden vermarktet.
Neben den «Klassikern» Bananen und Kaffee hat Max Havelaar diversifiziert und betreibt in Peru zehn zertifizierte Goldminen. Weltweit arbeiten hundert Millionen Menschen im kleingewerblichen Bergbau, wo Max Havelaar einen alternativ-wirtschaftlichen Ansatz verfolgt: Zertifizierung von legalisierten Betrieben, Gewährleistung von geregelten Arbeitsbedingungen, Stärkung der Umweltschutzmassnahmen, Aufbau von langfristigen Geschäftsbeziehungen.
Max Havelaar hat 2018 in der Schweiz einen Umsatz von 794 Millionen oder rund 93 Franken pro Kopf der Bevölkerung erwirtschaftet. Das ist Weltrekord und ein klares Indiz, dass die Marktkräfte auch in sensiblen Bereichen wirken können: Der Nachfrageüberhang funktioniert als Anreizsystem.
Christliche Unternehmer sind ein Schatz für die Zukunft
Der Historiker und Theologe Urban Fink rekapitulierte die Entwicklung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen über die Jahrhunderte hinweg. Der Geschäftsführer des katholischen Hilfswerks «Inländische Mission» beschrieb insbesondere die Entwicklung der katholischen Kirche, die sich im Eigenbild bis ins 19. Jahrhundert auch für die Wirtschaft zuständig fühlte — und gegen Liberalismus und Sozialismus antrat.
1963 dokumentierte das 2. Vatikanische Konzil den Wert jedes Individuums und anerkannte die soziale Marktwirtschaft. Für Urban Fink verfolgt Papst Franziskus diese Strategie mit seiner grünen Umwelt- und Sozialenzyklika «Laudato si» von 2015 radikal: «Die falsche Tat ist besser als das Nichtstun». Fink geht von einer unumkehrbaren Entwicklung aus und er erwartet, dass die Bischöfe und Pfarreien im Sinn der Subsidiarität eigenaktiver als bisher agieren werden.
«Gemeinwohl-Atlas» als neues Bewertungskriterium
Christian Kobler reflektierte als Gründungspartner und VR-Präsident der Forma Futura Invest AG die Perspektiven nachhaltiger Vermögensverwaltung. Sein Unternehmen reagiert auf nicht eingelöste Versprechen der Privatwirtschaft, welche den Aspekten der Umwelt und der sozialen Strukturen insgesamt zu wenig Rechnung getragen hat.
In Überwindung der wirtschaftlichen Machtkonzentration zulasten der öffentlichen Hand geht es heute um Substanzerhalt — Nachhaltigkeit, gekoppelt mit kulturellen Aspekten und im Blick der «sustainable development goals» der Vereinten Nationen, die 2016 in der Nachfolge der Milleniumsziele definiert wurden.
Der «Gemeinwohl-Atlas» (www.gemeinwohl.ch) misst den unternehmerischen Nutzen beim Empfänger und beantwortet die Frage, was denn ein Unternehmen für den Konsumenten leiste.
Ein Multiplikator dieser Entwicklung ist die Generation Y, in welcher bloss jeder siebte nach einer Führungsposition strebt, für 33 Prozent aber soziale Kontakte von zentraler Bedeutung sind. Diese Erkenntnis verändert die klassische Unternehmensführung und formuliert mit Mahatma Gandhi ein 18. Entwicklungsziel für die Finanzwirtschaft: «In a gentle way you can shake the world».
Breites Fragenspektrum Das interessierte Publikum reagierte auf die Referate mit fundierten Fragen — vom nicht funktionierenden Steuersystem, das saubere Luft nicht tarifiert, bis hin zur anspruchsvollen Kennzeichnung von nachhaltigem Gold.
Auch manifestierte sich die Dringlichkeit der Eigenprofilierung. So sind «Werte» nicht per se christlich, sondern müssten im unternehmerischen Kontext auch entsprechend benannt werden. Christian Kobler wies auf eine tickende Zeitbombe hin, wenn die wirtschaftliche Sorge um ältere Mitarbeitende politisch dazu führen könnte, dass die ältere Generation altersbevorzugende Vorlagen durchsetzt, allenfalls verschärft durch Multikulturalität als Konkurrenz für die lokale Verwurzelung.
Marta und Ueli Jud: Engagement mit Herz mit Ehrenmitgliedschaft gewürdigt
Nach dem Stehlunch erledigten die 63 anwesenden Mitglieder die statutarischen Geschäfte. Die Vereinsfinanzen sind im Lot, 2018 resultierte ein kleines Betriebsdefizit. Zudem konnte eine positive Mitgliederentwicklung um fünf Prozent auf 424 konstatiert werden.
Ihre Feuerprobe bestand die neue Leiterin der Geschäftsstelle, Anna Bopp, mit der Administration der Jahrestagung. Unaufgeregt sorgte sie für den formellen Rahmen und unterstützte den Zentralpräsidenten in seiner Führungsaufgabe. Anna Bopp löste Marta und Ueli Jud nach einer erfolgreichen, zehnjährigen Geschäftsstellenleitung ab, in welcher das Unternehmer-Ehepaar die VCU ideell und materiell uneigennützig und engagiert wieder auf stabile Füsse hat stellen können. Ihr Wirken wurde mit der verdienten und stark applaudierten VCU-Ehrenmitgliedschaft gewürdigt.
Am 16. Mai 2020 organisiert die Sektion Innerschweiz die nächste Generalversammlung, an welcher Lukas Stutz als jetzt designierter Zentralpräsident das Ruder von Rainer Bätschmann übernehmen wird. Der VR-Präsident eines Architekturbüros in Basel ist in Basel stark vernetzt, war CVP-Grossrat und ist seit 2014 Vorstandsmitglied der VCU-Regionalgruppe Basel.
Jubiläumsprogramm mit spannenden Impulsen
Das Publikum erlebte nach der GV eine eindrückliche Cybathlon-Präsentation der Hochschule für Technik Rapperswil. Das Team von Christian Bermes, Professor für Automation und Mechatronik, beeindruckte mit seinem Hightech-Rollstuhl, der die Mobilität von Tetraplegikern innovativ erweitert.
Ihren Auftritt erhielt auch die VCU-Stiftung «Offene Hand» (www.swisshand. ch), die seit über fünfzig Jahren Selbsthilfe- Aktivitäten in Afrika unterstützt. Stiftungspräsident Carlo Galmarini (Zürich): «Swisshand hat bisher über 30’000 Kleinstunternehmen gezielt und effektiv unterstützt.»
Der neue Web-Auftritt (www.vcu.ch) visualisiert den neuen Auftritt — Respekt, Fairness, Verantwortung. Damit kann die Aussen- und Werbewirkung weiter verbessert werden.
Ein nächster VCU-Meilenstein ist der Jung-Unternehmertag am 21. September 2019 in Brugg, der von einem innovativen Team vorbereitet wird. Neben dem laufenden Mentoring-Programm soll dieser Tag weitere junge Führungskräfte für die VCU ansprechen.
Die Schifffahrt auf der LS Stäfa mit Apéro und festlich-fröhlichem Abendessen beschloss eine Jubiläumsveranstaltung, die von der Regionalgruppe Linth unter der umsichtigen Leitung von Sylvia Fontana mustergültig organisiert worden ist.