Editorial

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Was wir aus der Coro­na- und der CO2-Krise lernen

Das Coro­n­avirus und die Erder­wär­mung bedro­hen das men­schliche Leben. Doch die Erde wird durch eine men­schen­verur­sachte Erwär­mung oder durch ein Virus nicht unterge­hen. Starke Kli­maschwankun­gen und gefährliche Viren hat die Erde schon mehrmals über­standen. Die Frage ist allerd­ings, wie wir Men­schen damit leben kön­nen und wie stark wir dadurch eingeschränkt wer­den. Da Kli­maverän­derung und Gefährdung durch Pan­demien keine Gren­zen ken­nen, stellen sie ein glob­ales Prob­lem dar und betr­e­f­fen die gesamte Men­schheit. Wir sind aber nicht macht­los dage­gen. Für eine erfol­gre­iche Bekämp­fung braucht es erstens die Wahrnehmung der Prob­leme als Bedro­hung und zweit­ens ein lösung­sori­en­tiertes Denken, sowohl auf natur­wis­senschaftlich­er, wirtschaftlich­er wie auch auf poli­tis­ch­er Ebene.

Je langsamer eine Verän­derung von Stat­ten geht, desto schwieriger ist es für uns, sie als Bedro­hung wahrzunehmen. So ist die Kli­maverän­derung eine Entwick­lung, deren Auswirkun­gen über Jahrzehnte beobacht­bar ist. Es brauchte lange, bis die Mehrheit der poli­tis­chen und wirtschaftlichen Glob­alplay­er die Gefahr ernst genom­men hat. Erschw­erend kommt hinzu, dass es oft falsche Zukun­ft­sprog­nosen und Fehlein­schätzun­gen gab und gibt. Denken wir an das Wald­ster­ben in unserem Land in den 1980er Jahren zurück, bei welchem viele Fach­leute uns auf­grund des schlecht­en Zus­tandes unseres Waldes eine Zukun­ft ohne Bäume prog­nos­tizierten. Das ver­meintliche Wald­sterbe-Syn­drom stellte sich als Fehldeu­tung heraus.

Je weit­er weg eine Epi­demie aus­bricht, desto schwieriger ist es für uns, sie als Bedro­hung wahrzunehmen. So hörten wir in den let­zten Jahren immer wieder von schw­eren Epi­demien auf dem afrikanis­chen oder asi­atis­chen Kon­ti­nent — doch sie hat­ten keinen Ein­fluss auf unser Leben und unseren Alltag.

Bei der Kli­maer­wär­mung und Coro­n­akrise ist alles anders. Sie bet­rifft alle. Die Kli­maverän­derung ist keine nor­male Wet­ter­verän­derung und die Coro­n­a­pan­demie ist nicht mit ein­er Grippe ver­gle­ich­bar. Die grosse Mehrheit unser­er Bevölkerung hat das erkannt.

Doch was tun? Mit Ver­boten, Steuer­ab­gaben und Beschränkun­gen das Leben im All­t­ag erschw­eren? Die Abstim­mungsre­sul­tate zum CO2-Gesetz in diesem Jahr zeigte klar, dass die Bevölkerung diesen Weg nicht akzep­tiert. Mag sein, dass beschränk­ende Mass­nah­men, wie wir sie momen­tan wegen Coro­na erleben, nötig und kurzfristig die einzige Lösung sind, die zum Glück von ein­er grossen Mehrzeit mit­ge­tra­gen wird. Aber ­länger­fristig braucht es andere Lösun­gen. Inno­va­tion. Die Schweiz ist hier auf gutem Weg und bestens aufgestellt. Mit unserem dualen Bil­dungssys­tem, der Beruf­slehre, und mit unser­er selb­stver­ant­wortlichen Bevölkerung haben wir die besten Voraus­set­zun­gen, auch als kleines Land erfol­gre­ich zu sein und neue Lösun­gen zu bieten, die von glob­alem Inter­esse sind.

Ein her­vor­ra­gen­des Beispiel haben wir in unseren eige­nen Rei­hen: Torsten Win­terg­er­ste, VCU-Mit­glied und Divi­sion­sleit­er der Sulz­er Chemtech, ver­ant­wortet ein Pro­jekt, um das CO2 in der Atmo­sphäre zu reduzieren. In Zusam­me­nar­beit mit dem Unternehmen Blue Plan­et wurde der Kohlen­stoffmin­er­al­isierung­sprozess­es zur Abschei­dung, Nutzung und Spe­icherung von Kohlen­stoff mit ein­er ersten Anlage bere­its real­isiert. Das bahn­brechende Ver­fahren ermöglicht es, CO2 als Min­er­al­stoff gebun­den wieder in Pro­duk­ten wie Beton nutzen zu kön­nen. Solche Pro­jek­te sind Leucht­turm­pro­jek­te und machen Hoff­nung! Nehmen wir die Prob­leme als Her­aus­forderun­gen an und machen daraus Chancen.

Auch die fol­gen­den Artikel zeigen uns auf, wie aus Krisen Neues entste­hen kann und wie zunächst ungün­stige Verän­derun­gen zu einem pos­i­tiv­en Umdenken führen kön­nen. In diesem Sinne wün­sche ich allen eine schöne Adventszeit, besinnliche Wei­h­nacht­en und einen guten Start ins neue Jahr.

Autor:

Cor­nel Blöch­linger, Präsi­dent VCU, RG Linth