Editorial

«ver-rückt»

Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch einmal die Gelegenheit habe, ein Zitat aus «La Peste» von Albert Camus in einem Editorial von VCU aktuell zu platzieren. Es ist mir ein Vergnügen:

«Mais il vient toujours une heure dans l’histoire où celui qui ose dire que deux et deux font quatre est puni de mort»

Camus hat seinen prophetischen Roman «La Peste» 1947 veröffentlicht! Ob er den zitierten Satz warnend den Verschwörungstheoretikern entgegengehalten hat? Mehrere Exponenten im Kampf gegen die Pandemie müssen Personenschutz beantragen, auch wegen Morddrohungen.

Es ist schwer, die Orientierung nicht zu verlieren in diesen «ver-rückten» Zeiten. Man muss für Querdenker Verständnis aufbringen. Nicht alles ist falsch gedacht, was quer daherkommt.

Erstaunliche Zeiten, ver-rückte Zeiten durchleben wir. Wir sehen nur noch Augen, keine Gesichter mehr. Wir sind alle verhüllt. Ein Verhüllungsverbot wird angenommen. Ohne Röschtigraben. Die westliche Welt erlebt ihren zweiten Sputnikschock. Im Thurgau wird ein Milliardär geimpft. Trump will seine Abwahl immer noch nicht anerkennen. Der Erdölpreis liegt zeitweise im Minus. Geld auf dem Bankkonto gibt Minus. UBS zahlt wieder mehr Boni. Bitcoin gibt Plus. Das Schürfen von Bitcoin braucht viel, sehr viel Energie. Der Grossteil dieser Energie ist fossiler Natur. Elon Musk hat in Bitcoin investiert. Die CO2-Bilanz von Musk ist kein Thema. Der Hund beisst sich in den eigenen Schwanz. Immer wieder. Ein Super-Banker rechnet Besuche im Rotlichtmilieu über Spesen ab.  Wenn es zu wenig Masken gibt, schützen diese auch nicht. Exponenten der Regierungspartei in Deutschland lassen sich beim Maskendeal korrumpieren. Nach 6 monatiger Reise ist Perseverance erfolgreich auf dem Mars gelandet. Die Fasnacht findet nicht statt. Zum zweiten Mal. Die Mustermesse gibt es auch nicht mehr. Die Beizen sind immer noch zu. Viele Beizen bleiben zu. Gibt’s Corona in Afrika? Kein Thema. Die CVP gibt das «C» auf und mittet sich ein.

Wo will man da noch Orientierung finden? Wenn einem so der Boden unter den Füssen weggezogen wird!

Camus lässt den Arzt in seinem Roman «La Peste» einen freiwilligen Helfer, der Tarrou heisst, nach seiner Motivation fragen. Wieso Tarrou, auch auf die Gefahr hin, sich mit der Pest anzustecken, der von der Seuche geplagten Stadt seine Hilfe anbieten will: «Allons, Tarrou, dit-il, qu’est-ce qui vous pousse à vous occuper de cela?»- «Je ne sais pas. Ma morale peut-être.»

Worauf der Arzt die Frage stellt: «Et laquelle?»

Welche Moral? Das ist eine gute Frage, eine ausgezeichnete Frage! Die Moral ist ein aus kultureller und religiöser Erfahrung gebildetes Regel-, Normen- und Wertesystem, das in einer Gesellschaft als Verhaltensmassstab betrachtet wird. Es gibt verschiedene Bezugssysteme. Da braucht es Toleranz. Aber es gilt: ohne Moral herrscht Orientierungslosigkeit. Die Exponenten der VCU haben sich dafür stark gemacht das «C» zu behalten. Eben aus diesem Grund.

Unverständnis, Missverständnisse, Kränkungen und Aggression sind oft in fehlender oder falscher Kommunikation begründet. In guter Kommunikation liegt ein grosses Potenzial. Das müssen wir nutzen. Verhärtete Fronten lassen sich durch gute Kommunikation aufweichen. Der eigene Horizont wird erweitert, wenn wir offen sind für die Argumentation des Gesprächpartners. Grundregeln der guten Kommunikation müssen eingehalten werden. Monica Terragni, Vorstandsmitglied der Regionalgruppe Basel, beschreibt in ihrem Text ein einfaches Prinzip der guten Kommunikation. Es wäre so einfach….

Autor:

Heini Grob, Präsident RG Basel