Corona begleitet uns

Ich war in Torquay (GB) im Gottesdienst und der Pfarrer hat uns verabschiedet mit den Worten: Ab morgen muss ich alleine feiern, aber der Bischof zelebriert eine Messe in der Kathedrale und sie wird im Internet übertragen. Das war letztes Jahr am Anfang des Lockdowns, der in England etwas später gesetzt wurde als hier. Und tatsächlich so war es: Die Kirchen blieben geschlossen, aber es versammelte sich ein Publikum in den Internetgottesdiensten und kommentierte diese dann im Chat auch fröhlich mit.

Ein Glück, dass die technischen Einrichtungen vorhanden waren und man gerade loslegen konnte. Ein Glück? Ja, die Pandemie ist in fast alle Bereiche des Lebens eingedrungen und fordert fast alle heraus. Und diese Herausforderung kann man relativ gut meistern, wenn man fragt: Was ist, was ist neu, was ermöglicht es uns, wo gibt es Entwicklungspotenzial? Jeder echte Christ und jede echte Christin ist auch ein Unternehmer und eine Unternehmerin, einer und eine mit sich selbst in der Welt (und in der Nachfolge Christi); und selbstverständlich mit vielen in der grossen Gemeinschaft der Gläubigen. Und wer erfolgreich sein will, muss nicht nach dem Schlechten oder dem Vergangenen oder Stagnierenden suchen und es bejammern, sondern nach den Chancen; nach vorne sehen, denn ausweichen konnte und kann man Corona nicht.

Eine passende Anleitung dazu finde ich auch im Lukasevangelium: Wer die Hand an den Pflug gelegt hat, und nochmals zurückschaut, taugt nicht für das Reich Gottes (Lk 9,62). Frei übertragen ins Leben meint es für mich; wer zurückschaut macht keine geraden Scharen mehr, sondern schlängelt. Es ist zwar gut zwischendurch inne zu halten, aber dann muss man wieder vorwärts gehen.

Selbstverständlich gibt es von Corona schwer Betroffene und darunter Leidende; Menschen, die einem wirklich leid tun und die auch Hilfe und Zuwendung brauchen.

Wie mir Corona in unserer ­kirchlichen Arbeit begegnet

Wohl die meisten von uns erfuhren das Leben bis jetzt in mehr oder weniger normalem Gang; es gab Naturkatastrophen, es gab Epidemien, grössere meist weit weg von uns, es gab auch Tierseuchen, denen man mit grosser Vorsicht und mit Respekt begegnen musste. Aber etwas wie die Corona-Situation meine ich, erlebten die meisten noch nie: etwas so ­Unbestimmtes. Man weiss nicht so recht was wirklich ist. Und es mischen sich Sachkenntnis und Vermutungen und Ängste. Und viele stellen Thesen auf, die bald Gegenthesen hervorrufen. Das merken wir sehr wohl und sehr stark auch in der Seelsorge; im Kontakt mit den Gläubigen. Eine erste Antwort war damals die Gebetsverbundenheit, auch via Gebetsnewsletter. Und parallel dazu die Telefonaktion: miteinander sprechen. So lange und so viel habe ich schon lange nicht mehr telefoniert. Oder für die Schüler, die zu Hause bleiben mussten, sandte man Lektionen mit biblischen Geschichten per Post zu. Natürlich kommen auch mir immer wieder Fragen hoch: ist das wirklich wahr, ist da etwas inszeniert, habe ich mich getäuscht, bereichern sich da einige auf Kosten der Allgemeinheit, mache ich das Richtige? Aber dann gilt es erst recht nicht in Abwarten zu verharren, auch nicht in Aktionismus zu verfallen, sondern den als sinnvoll erkennbaren Weg aufmerksam voranzugehen. Und da kommt dann auch die Verantwortung als eigener Unternehmer oder eigene Unternehmerin zum Tragen. Einer meiner Vorgänger damals in St. Antonius Wangs war Kräuterpfarrer Johann Künzle; er hat bei der Spanischen Grippe den Leuten gesagt, sie müssten jeden Tag zweimal den Grippetee trinken — und niemand in Wangs starb damals an der Grippe. Ein solches Teerezept habe ich nicht, aber seine Aktion bestätigt mir: nach vorne schauen und konkret und mutig umgehen mit der aktuellen Situation. 

Darum haben wir bei uns damals bei der Corona-Personenbeschränkung einfach die Anzahl Gottesdienste erhöht, so dass alle, die wollten, kommen konnten. Und: längst ist die Pandemie in einen zwar Dauer-Zustand aber einen bewegten, übergetreten. Darum haben wir jetzt festgelegt: in allen unseren Kirchen und Häusern setzen wir 3 G fest. So können viele Leute zusammenkommen und miteinander feiern und sich stärken. Das ist in der Katholischen Kirche als Weltorganisation wiederum gut, denn der Heilige Vater Franziskus hat selbst zur Impfung aufgerufen, dies natürlich insbesondere, dass alle Menschen die wollen, vor allem auch die Armen weltweit, Zugang zur Impfung haben sollen.

Für uns erkennbar haben viele Menschen das Wandern neu entdeckt und auch das Pilgern, oft auch an kleine und grosse Wallfahrtsorte, um dort eine Kerze anzuzünden und zu beten. Das ist für die physische und geistige Gesundheit gut. Allerdings bei uns kenne ich noch keinen Gebetsort zur Heiligen Corona, der frühchristlichen Fürbitterin gegen die Seuchen.

In unserer arbeitsteiligen Welt haben wir in allen Bereichen bestens qualifizierte Fachleute: Männer und Frauen, die sich engagiert und seriös in ihrem Bereich einsetzen. Die Aufgabe der Seelsorge ist es nicht ihre Facharbeit zu beeinflussen, wohl aber sie als Christen und Christinnen zu stärken, das Evangelium im ganzen Leben in grossem Respekt und mit Freude in praktischer Anwendung umzusetzen.


Autor:

Pfr Felix Büchi, Katholische Kirche in Rapperswil-Jona, VCU Linth