Nach Sinn und Gott forschen in einer säkularen Gegenwart
Mit lang anhaltendem Applaus verdankten die zahlreich Anwesenden den Vortrag von Prof. Dorothea Lüddeckens. Innert einer halben Stunde führte uns die Dekanin der Theologischen Fakultät der Universität Zürich gut nachvollziehbar und verständlich über den fast 500jährigen Weg ihrer Fakultät von ihren Wurzeln im beginnenden 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart der säkularen Spiritualität.
Es ist zu einer schönen Tradition geworden, dass der Club Felix und die VCU Zürich am Aschermittwoch zu einem Mittagessen einladen, das einen auch inhaltlich gehaltvollen Auftakt in die Fastenzeit bildet.
Mit Prof. Dorothea Lüddeckens, der Dekanin der Theologischen Fakultät, durften wir auch in diesem Jahr eine dafür hervorragend geeignete Persönlichkeit bei uns begrüssen. «Religion, Spiritualität und christlicher Glaube zwischen Lehre und Lehrstuhl » lautete unser Titelvorschlag, den Dorothea Lüddeckens bereitwillig angenommen hatte, der sich aber, wie sie einleitend bekannte, bei der Umsetzung als ziemlich anspruchsvoll erwies.
Austausch und Auseinandersetzung aus Tradition und Verpflichtung
Aus gutem Grund, wie wir bald feststellen konnten. Dorothea Lüddeckens gehört zu den führenden Spezialist/-innen für Religionswissenschaft mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung – und sie meisterte diese Herausforderung mit Bravour!
Die Theologische Fakultät hat, seit ihren Anfängen im beginnenden 16. Jahrhundert (unter anderem die von Huldrych Zwingli 1525 gegründete «Prophezey»), bis in die Gegenwart einen weiten Weg zurückgelegt.
Bevor sich die Referentin Gegenwart und Zukunft widmete, machte sie deutlich, dass die Fakultät seit jeher immer wieder vor inhaltlichen Herausforderungen stand. Die Reflexion über christlichen Glauben und protestantische (reformierte) Theologie fand über all die Jahrhunderte immer im Austausch statt, im Dialog und in der Auseinandersetzung mit anderen Glaubensrichtungen und in verschiedensten Formen gelebten Glaubens.
Im zweiten Teil ihres Vortrages zu Gegenwart und Zukunft ihrer Fakultät präsentierte Dorothea Lüddeckens mit Stolz und Freude auch den Berufsweg und die Karriere ehemaliger Studierender der Theologischen Fakultät.
Studieren kann man hier vor allem zwei Studienfächer: Theologie oder Religionswissenschaft. Und so kann ein Studium an der Theologischen Fakultät eben nicht nur (ohne dass dies abwertend gemeint wäre) zum Pfarrberuf führen, sondern ist eine gute Basis für ein breites Berufsfeld.
Wie die Fakultät heute ihren Lehrund Forschungsauftrag lebt, machte sie am Beispiel aktueller Forschungsprojekte deutlich. Dass selbst die «Südkurve», also die Fangruppe des FC Zürich, Gegenstand einer wissenschaftlichen Forschung ist, regte unser langjähriges Mitglied, GC-Legende Adi Noventa, zu einer gewohnt verschmitzten und gleichzeitig tiefsinnigen Replik an.
Moderne Themen und moderne Mittel
Die theologische Fakultät ist eine der Gründungsfakultäten der 1833 gegründeten Universität Zürich. Wie ein vertiefter Blick auf ihre Webseite (ein Besuch lohnt sich!) bestätigt, bietet sie heute ein breit gefächertes Angebot zu Theologie, Religionswissenschaft, Religion, Wirtschaft und Politik, aber auch zum Christentum in der Gegenwart und Religion generell in der heutigen, säkulären Gesellschaft.
Eine lange Geschichte allein garantiert keine Zukunft. Dies wurde vor allem in der rege genutzten Fragezeit deutlich. Die Theologische Fakultät kämpft wie alle geisteswissenschaftlichen Studienrichtungen mit einem Rückgang der Studierenden. Und die Zahl der
Menschen, die in einem religiösen Milieu aufwachsen und Theologie als Studienfach in Betracht ziehen, sinke laufend, machte Lüddeckens deutlich.
Allerdings – und ein wenig galt der Applaus auch dieser kämpferischen Haltung der Dekanin – zieht sich die Theologische Fakultät keineswegs in ein kleiner werdendes Reduit zurück, sondern sucht aktiv neue Forschungsbereiche und stellt Fragen zu Religion und gelebter Religiosität in ihren vielfältigsten Formen.
Beispielhaft dafür verwies sie auf den von ihr betreuten Podcast «Erleuchtung garantiert», in dem profilierte Frauen und Männer regelmässig zu aktuellen Fragen, bewusst mit religionswissenschaftlicher, theologischer oder auch religiöser Konnotation, Stellung nehmen.
Und auch für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich sind Anlässe wie die abendliche Besinnung jeden Mittwochabend in der Kirche St. Anton (Evensong) oder die Ringvorlesung «Was ist Theologie?» jeden Donnerstagabend.